Kontinuitäten oder revolutionärer Bruch?
Gerda Henkel Stiftung: Herr Professor Duchhardt, Sie haben in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre einen Forscherverbund geleitet, der Eliten im Übergang vom Ancien Régime zur Moderne untersucht hat. Können Sie kurz das Vorhaben und das zentrale Erkenntnisinteresse der Arbeiten skizzieren?
Prof. Duchhardt: Es ist eine die Forschung seit langem bewegende Frage, wie die etablierten Eliten – also ständische Eliten (Adel, Patriziat), Funktionseliten (Staatsdiener im weitesten Sinn), geistig-intellektuelle und kulturelle Eliten, Wirtschaftseliten – mit den Umbrüchen der Französischen Revolution, die und deren Ideen sich ja fast über ganz Europa ausbreiteten, zurande kamen: ob sie in Resignation verfielen ob des Wegbrechens ihrer gewohnten Ordnung, ob sie sich mit dem neuen System arrangierten, ob sie latente oder offene Obstruktion betrieben, um möglichst schnell zum vorrevolutionären Zustand zurückzukehren. Es geht um das Verhältnis bestimmter herausgehobener Sozialgruppen zu dem Modernisierungsschub, der in politisch-gesellschaftlicher, aber auch wirtschaftlicher („Industrielle Revolution“) und geistig-intellektueller Hinsicht über Europa hereinbrach und den Kontinent zu verändern suchte. Das „Eliten-Projekt“, wie es die Beteiligten kurz und bündig nannten, versuchte in einem vergleichend-europäischen Zugriff in Fallbeispielen, diesen verschiedenen Verhaltensmustern auf die Spur zu kommen und die Parameter des „Obenbleiben-Wollens“ und „Obenbleiben-Könnens“ gegenseitig zu gewichten. Das Spektrum der Themen reichte von Oberitalien und der Eidgenossenschaft, Spanien, Frankreich, den Niederlanden und Polen bis nach Deutschland, wo wiederum die ländlichen und die jüdischen Eliten ebenso wie die städtischen Eliten in den Mittelpunkt von einschlägigen Studien rückten, aber auch eine Arbeit zum Niederadel und eine weitere zu einer süddeutschen Fürstenfamilie gefördert wurde.
GHS: Wie kamen Sie in Kontakt mit der Gerda Henkel Stiftung? Welche Erfahrungen haben Sie in der Zusammenarbeit mit der Stiftung gemacht?
Prof. Duchhardt: Die Kontakte zur Gerda Henkel Stiftung wurden damals über Mitglieder von deren Wissenschaftlichem Beirat hergestellt. Es war – am Anfang meiner Tätigkeit am Institut für Europäische Geschichte – ein zügiges und unbürokratisches Bewilligungsverfahren, das mir, schon davor und später als Leiter etlicher anderer Forschergruppen, in der allerbesten Erinnerung geblieben ist. Dieser Zügigkeit am Beginn entsprach eine wohltuend unkomplizierte und immer an den Bedürfnissen des Projekts orientierte Zusammenarbeit mit der Düsseldorfer Geschäftsstelle, die sich ungemein positiv von dem Bürokratismus anderer Drittmittelgeber abhebt.